· 

Kritik - Cinderella / Autorin: Astrid Wey

Cinderella

 

Wuppertal

09.12.2023
Oper

 

Autorin: Astrid Wey

 

Cinderella in der Moderne

 

Wer kennt sie nicht, die Geschichte von Cinderella, dem Prinzen und der bösen Stiefmutter. In der Inszenierung des Musicals von Rodgers und Hammerstein ist Cinderella in der heutigen Zeit angekommen. Dabei wurden auch die Namen der Charaktere leicht angepasst: Cinderella heißt jetzt einfach nur noch Ella, ihr Prinz trägt den Namen Christopher, die gute Fee nennt sich Marie und die böse Stiefmutter ist Madame. 

Ella lebt mit ihrer Stiefmutter Madame und ihren beiden Stiefschwestern Gabrielle und Charlotte in Wuppertal. Nur die exzentrische alte Frau Marie ist immer nett zu ihr. In ihren Träumen entflieht Ella in eine Märchenwelt .

Prinz Chris fühlt sich noch nicht bereit, König zu werden und so steuert sein Berater Sebastian die Regierungsangelegenheiten nach seinen eigenen Vorstellungen. Als Marie und Ella den Prinzen treffen, ist Ella angetan von der Freundlichkeit des jungen Mannes. Ihr Bekannter Jean -Michel, der in Ellas Stiefschwester Gabrielle verliebt ist,  will am Schloss auf die Missstände und die Korruption im Land aufmerksam machen. Um von der Unzufriedenheit des Volkes abzulenken, veranstaltet Sebastian einen Ball, auf dem der Prinz eine Braut auswählen soll. Madame hat das Ziel, ihre Tochter Gabrielle mit dem Prinzen zu verkuppeln und macht sich mit ihren Töchtern auf zum Ball. Während Ella noch darüber nachdenkt, wie sie den Prinzen auf die Missstände aufmerksam machen könnte, erscheint Marie und zaubert ihr ein traumhaftes Kleid für den Ball. Die moderne Cinderella reist nicht mit einer goldenen Kutsche, sondern mit einem Heißluftballon zum Schloss, wo nicht nur Prinz Chris von Ellas Liebenswürdigkeit begeistert ist. Die Beiden kommen sich näher und Ella weist ihn auf die Missstände im Land hin. Doch um Mitternacht muss Ella gehen, denn der Zauber hält nicht länger an.

Nach dem Ball gesteht Gabrielle gegenüber Ella, dass sie den Prinzen gar nicht will, weil sie in Jean-Michel verliebt ist und die beiden Mädchen freunden sich an. Chris sucht im ganzen Land erfolglos nach Ella und veranstaltet ein weiteres Fest, in der Hoffnung, sie dort wieder zu treffen. Außerdem ist er misstrauisch geworden gegenüber Sebastian und bringt sich selber mehr in die Staatsgeschäfte ein. Damit Ella an ihrer Stelle zum Ball gehen kann, stellt Gabrielle sich krank und überlässt ihrer Stiefschwester ihr Kleid. Als Madame das sieht, zerreißt sie das Kleid und Ella ist todtraurig. Ein weiteres Mal erscheint Marie und zaubert ein wunderschönes Ballkleid. Prinz Chris freut sich sehr, seine Herzensdame wieder zu sehen. Ella bringt ihn dazu, das Volk anzuhören. Zu schnell ist es wieder Mitternacht und das Mädchen muss abermals verschwinden. Dabei wirft sie dem Prinzen einen ihrer gläsernen Schuhe zu. Woraufhin alle Frauen des Landes kommen, um den Schuh anzuprobieren. Chris ist schon ganz verzweifelt, als Ella schließlich in gewöhnlicher Kleidung auftaucht und ihr der Schuh natürlich passt. Madame entschuldigt sich bei Ella für ihr schlechtes Verhalten und Ella vergibt ihr. Der Prinz ruft Neuwahlen für den Posten des Premierministers aus und nominiert neben Sebastian auch Jean-Michel für das Amt.  

 

Ich durfte mir dann der Oper Wuppertal am 9.12.2023 die Premiere von Cinderella anschauen.

 

Das Musical

 

Diese moderne Inszenierung nach einem neuen Buch von Douglas Carter Beane wird von Dezember bis Ende März  insgesamt 12mal in der Oper Wuppertal aufgeführt.

 

Die Musik von Rodgers/Hammerstein bietet klassische und harmonische Musicalmelodien, dargeboten vom  Sinfonieorchester Wuppertal unter der Leitung von Johannes Witt. Insgesamt reißt einen die Musik aber nicht wirklich mit und ein wirklicher „Ohrwurm“, der einem auch nach dem Stück noch bleibt, fehlt leider. Die Tonabmischung ist leider noch nicht sehr gelungen, die Solisten waren teilweise viel zu leise und schlecht zu verstehen, vor allem der Prinz war sehr schlecht zu hören.

 

Bei Cinderella werden erstmals Elemente des neuen modularen wiederverwendbaren Bühnenbildes der Oper Wuppertal eingesetzt. Insgesamt ist das Bühnenbild von Hana Ramujkic eher schlicht gehalten, durch die modulare Konstruktion werden aber immer wieder neue Spielorte geschaffen. Absolutes Highlight ist der Heißluftballon, mit dem Ella zum Ball ins Schloss fliegt. 

 

Die Tanzchoreografien von Evamaria Mayer sind sehr inspirierend und gelungen. Durch die Mitwirkung des Bühnenchors und des Jugendchors der Oper ist das Ensemble insgesamt recht groß, so dass die Bühne manchmal sehr voll erscheint und die eigentliche Handlungsszene etwas untergeht.

Devi Saha hat die Darstellenden mit fantasievollen Kostümen ausgestattet. Als Kontrapunkt dazu tritt Ella meist in Jeans und Pullover auf, nur bei den Bällen im Schloss trägt sie ein Kleid. Die Outfits des Prinzen sind auch eher schlicht gehalten, als Krone trägt er eine goldfarbene Häkelkrone.  

 

In der heutigen Zeit haben sicher viele Menschen den Wunsch, sich in die Märchenwelt zu flüchten und die Sorgen des Alltags hinter sich zu lassen. Diese moderne Inszenierung von Cinderella vermittelte die Botschaft, dass jeder die Kraft zur Veränderung in sich selbst trägt und lernen kann, Verantwortung zu übernehmen. Das Musical besticht durch die sehr starken Gastkünstler, die den Weg nach Wuppertal gefunden haben. Musikalisch sicher ein Highlight, ein großes Live Orchester zu hören. An der Tonabmischung muss allerdings noch gearbeitet werden. Mir persönlich ist die Musik etwas zu eintönig, es fehlen eingängige, nachhaltige Melodien. 

 

Die Cast 

 

Susann Ketley tritt als Ella das erste Mal an der Wuppertaler Bühnen auf. Glaubhaft spielt sie das verträumte Mädchen, das trotz der Schikanierumg durch ihre Stiefmutter nicht den Mut verliert. Stimmlich begeistert sie das Publikum sowohl bei ihren Soloeinlagen als auch gemeinsam mit ihrer Stiefmutter und ihren Stiefschwestern und auch das Zusammenspiel mit Prinz Chris ist sehr harmonisch.

 

Jonas Hein überzeugt als Prinz Christopher  und stellt sehr authentisch den jungen Mann dar, der anfangs verunsichert und voller Selbstzweifel ist und nicht weiß, wer er selber ist, geschweige denn, wie er ein Land regieren soll. Überzeugend bringt er die Entwicklung des Charakters zu einem selbstbewussten jungen Herrscher, der sich um sein Volk kümmert, auf die Bühne. Gesanglich ist Jonas Hein wieder einmal ein absoluter Hochgenuss, an dem das Publikum sich aber leider bei diesem sehr frauenlastigen Stück nicht zu oft erfreuen darf.

 

Stefanie Smailes ist eine hervorragende Besetzung für die Rolle der bösen Stiefmutter Madame, die eine begeisterte Shopping Queen ist, Schmuck aus venezianischem Glas liebt und unbedingt ihre Tochter Gabrielle mit dem Prinzen verheiraten will.  Spielerisch und gesanglich eine tolle Leistung.

 

Die gute Fee Marie  wird gespielt von Gundula Hintz. Überzeugend und mit wundervoller Stimme stellt sie die etwas verrückte ältere Dame dar, die als einzige nett zu Ella ist und sich in der Not als gute Fee entpuppt, aber eigentlich glaubt, dass jeder für sein Glück selbst die Verantwortung trägt. Maries 'Superkraft' ist die Musik.

 

Sebastian, der Berater des Prinzen, der sich nur für seine eigene Macht interessiert und die Bedürfnisse des Volks ignoriert, wird verkörpert durch Mark Bowman-Hester. Schauspielerisch sehr beeindruckend, wie gut er die Arroganz des Beraters auf die Bühne bringt.

 

Gioia Heid steht als die 'gute' Stiefschwester Gabrielle auf der Bühne, die sich mit Ella verbündet und nicht ganz standesgemäß in den Revolutionär Jean-Michel verliebt ist.

 

Edith Grossmann ist Charlotte, die sehr von sich überzeugte, nicht ganz clevere Schwester, die sich nur für Äußerlichkeiten interessiert.

 

Dustin Smailes will als Revolutionär Jean-Michel die Welt verbessern und dem Prinzen eröffnen, welche Zustände im Land herrschen. Er ist ganz angetan von Gabrielle und freut sich, dass diese ihn in der Sache unterstützen will.

 

Graf Dingelstein wird verkörpert von Jason Lee. Der Graf ist Ausrufer und Zeremonienmeister und kennt definitiv alle Namen des Prinzen auswendig. 

 

Die inspirierenden Tanzchoreografien wurden toll umgesetzt von den Tänzern  Giovanni Nicolella, Thomas Bauer, Naila Fiol Diaz, Sophie Flora, Evie Paros, und Lorenzo Malisan.

Im Ensemble wirkten der Opernchor und der Jugendchor der Wuppertaler Bühnen mit.

 

 

 

Kommentar schreiben

Kommentare: 0