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Kritik - Titanic - Das Musical / Autorin: Astrid Wey

Titanic

 

Erfurt

07.02.2024

Theater

 

Autorin: Astrid Wey 

 

Auch in Erfurt geht die Titanic spektakulär unter

      

Nach wie vor fasziniert die Geschichte über den Untergang der Titanic, auch weit über 100 Jahre nach dem Geschehen, noch immer die Menschen. Im Gegensatz zu dem berühmten Kinofilm, der eine fiktive Lovestory erzählt, basiert vieles in der Musicalfassung von Yeston und Stone auf wahren Begebenheiten. So tragen z.B. die handelnden Personen alle Namen von Menschen, die tatsächlich an Bord der Titanic waren und auch viele der gesungenen und gesprochenen Texte stammen aus Überlieferungen der Überlebenden. 

 

Im ersten Akt werden die Charaktere vorgestellt. Besatzungsmitglieder und Passagiere aller 3 Klassen gehen an Bord und verbringen unbeschwerte und vergnügliche Stunden bis zum Tag des Unglücks. Dabei wird sehr deutlich, wie groß die Klassenunterschiede Anfang des 20. Jahrhunderts waren. Trotz der Warnungen des Heizers Frederick Barett und anderer Besatzungsmitglieder gibt der Kapitän Smith dem Drängen des Schiffseigners Ismay nach, die Geschwindigkeit der Titanic immer weiter zu erhöhen, um noch vor der geplanten Ankunft in New York einzulaufen und mit dieser Aktion in die Schlagzeilen zu kommen. Auch Gefahrenwarnungen anderer Schiffe werden beharrlich ignoriert. 

 

Im 2. Akt spitzt sich die Lage zu, es kommt zur Kollision mit dem Eisberg und das Drama nimmt seinen Lauf. Kapitän Smith, Schiffseigner Ismay und Konstrukteur Andrews geben sich gegenseitig die Schuld für den nahenden Untergang. Dramatische Szenen spielen sich ab, die Rettungsboote reichen nicht für alle Passagiere, weshalb Familien dramatisch getrennt werden. Die Passagiere der 3. Klasse haben Schwierigkeiten, an Deck zu kommen. Ein Ehepaar entscheidet sich bewusst, gemeinsam die letzten Stunden zu verbringen. Ein Gänsehautmoment jagt den nächsten bis schließlich das Schiff auseinander bricht und Menschen von der schräggestellten Bühne ins Meer stürzen. 

 

Ich durfte mir dank des Theaters Erfurt am 7.02.2024 das Musical Titanic anschauen

 

Das Musical 

Die Produktion Titanic am Theater Erfurt war ein grandioser Erfolg, alle Vorstellungen inclusive der Zusatzshows waren restlos ausverkauft. Zum großen Bedauern des Publikums und der Cast war bereits am 9.02.2024 die Derniere. 

 

Stephan Witzlinger hat mit seiner spektakulären und mitreißenden Inszenierung nach dem Buch von Peter Stone und der Musik von Maury Yeston für viele Gänsehautmomente gesorgt. Die Musik von Yeston ist sehr vielseitig, Sinfonien wechseln sich ab mit wunderschönen Balladen und Ragtimeklängen.

Sehr beindruckend war das 30-köpfige Liveorchester unter der Leitung von Clemens Fieguth. Im hinteren Teil der Bühne plaziert, waren die Musiker live auf der Titanic dabei, wie die Bordkapelle, die damals bis zu letzten Minute gespielt haben soll. 

Ein Schiff wie die Titanic ist auf der Bühne nicht leicht darzustellen, doch ist Lena Scheerer dies im Rahmen der Möglichkeiten einer Theaterbühne hervorragend gelungen. Ein großer Titanic Schriftzug macht sofort klar, auf welchem Schiff man sich befindet. Die Brücke trohnt über dem Promenadendeck, im Hintergrund sieht man einen Schornstein. Der Orchestergraben wird vielseitig als zusätzliche Spielfläche genutzt, u.a. als Heizraum, als 3. Klasse Deck, als Rettungsboot und als das Meer, in das die Menschen beim Untergang stürzen. Dadurch ist das Publikum immer sehr nah am Geschehen. Weitere bemerkenswerte Effekte sind das Hinaufschweben des Ausgucks John Fleet, die rauf- und runterfahrende Kabine des Funkers Harold Bride und das Schrägstellen der Bühne in der Untergangsszene, in der sich die Menschen solange festklammern, bis sie sich nicht mehr halten konnten und ins Meer stürzen.

Die Kostüme - ebenfalls entworfen von Lucy Scherer - entsprechen der Kleidung des frühen 20. Jahrhunderts und machen die Klassenunterschiede bei den Passagieren deutlich. Die Crew trägt wie bei Schiffen üblich Uniform.

 

Kerstin Ried hat die Choreografien so gestaltet, dass sich die Unterschiede in den Klassen auch bei den Tanzstilen widerspiegeln. Auch die 40 Mitwirkenden des Opernchores wurden sehr gut in die jeweiligen Szenen integriert.

 

 

Das Theater Erfurt hat eine großartige Produktion auf die Beine gestellt. Wer nicht da war, hat wirklich eine fantastische Inszenierung verpasst. Die permanent ausverkauften Vorstellungen und die Standing Ovation am Ende jeder Show sprechen für sich. Es bleibt zu wünschen, dass es eine Wiederaufnahme geben wird. Diese mitreißende Produktion macht Geschmack auf mehr und lässt auch für die Sommerproduktion von Anatevka bei den Domstufenfestspielen Großartiges erwarten.

 

Die Cast 

Das Theater Erfurt hat keine Kosten und Mühen gescheut und neben dem eigenen 30 köpfigen Orchester und dem 40 köpfigen Opernchor sagenhafte 18 bekannte Musicaldarsteller und 4 Tänzer als Gäste verpflichtet.

 

Alle Rollen waren großartig besetzt. Viele Darsteller hatten sogar mehrere Rollen, um möglichst viele Passagiere und Besatzungsmitglieder darstellen zu können. Im Folgenden werden einige der wichtigen Akteure näher beleuchtet.

 

Daniel Eckert spielt sich als Heizer Frederick Barrett in die Herzen des Publikums und brilliert durch sein emotionales Spiel und wunderbaren Gesang. An Bord freundet er sich mit dem Funker Harold Bride an. 

 

Lukas Witzel spielt die Rolle des eher introvertierten Funkers mit viel Witz und Charme und auch er begeistert mit seiner tollen Stimme. Ein besonderer Hochgenuss ist es, die Beiden im Duett zu hören. 

 

Das dritte junge Besatzungsmitglied ist der Ausguck Frederick Fleet, der ohne Fernglas bei Eiseskälte im Ausguck Wache schieben muss. William Baugh überzeugt sowohl stimmlich als auch spielerisch in dieser Rolle.

 

Martin Sommerlatte geht an Bord als Kapitän Smith, der , obwohl er eigentlich schon in Ruhestand gehen wollte und in seiner Karriere schon mehrere Havarien zu verantworten hatte, sich vom Schiffseigner Ismay  zu dieser prestigeträchtigen Überfahrt überreden ließ und sich nicht traut, den Anweisungen des Reedereibesitzers zu widersprechen.

 

 Ks Mate Solynom-Nagy überzeugt als geldgieriger und prestigesüchtiger Schiffseigner Ismay, der allen Warnungen trotz und darauf besteht, die Geschwindigkeit ständig zu erhöhen, um New York noch schneller zu erreichen und so in die Schlagzeilen zu kommen. 

 

Dritter im Bund der 'wichtigen Herren', die sich gegenseitig die Schuld für das Unglück zuschieben, ist Dennis Weissert als Schiffskonstrukteur Thomas Andrews.

 

Die Crew wird komplettiert durch Björn Christian Kuhn als 1. Offizier William Murdoch und Bandleader Wallace Hartley, Stepfan Preuth als 2. Offizier und Ks Jörg Rathmann als 3. Offizier und 1. Klasse Steward.

 

Kerstin Bald und Martin Berger beeindrucken spielerisch und gesanglich als die 1. Klassepassagiere Ida und Isidor Straus, die sich nach 40 glücklichen Ehejahren nicht trennen wollen und deshalb gemeinsam auf dem untergehenden Schiff bleiben. 

 

Die düstere Untergangsstimmung wird aufgelockert durch die 2. Klassepassagierin Alice Bean (Ks Katja Bildt) und ihren Mann Edgar (Benjamin Eberling). Mit viel Witz und Charme spielt Katja Bildt die überdrehte Lady aus dem mittleren Westen, die hofft, auf der Reise Kontakte zu der von ihr vergötterten High Society aufzunehmen, während ihr Mann von ihren Allüren eher genervt und mit seinem Leben eigentlich sehr zufrieden ist.

 

In der 3. Klasse verkörpern Johanna Spantzel, Helena Lena und Candela Gotelli die drei Kates und vermitteln harmonisch und authentisch die Lebensfreude der jungen irischen Frauen, die auf ein besseres Leben in Amerika hoffen. Eine der drei Kates - Kate McGowan (Johanna Spantzel) trägt ein Geheimnis unter dem Herzen, was sie aber nicht davon abhält, ihrem Mitreisenden Jim Farrell (Alexander Findewirth) nachzustellen.

 

Rita Correia, Andrea Viggiano, Maya Gomez und Manuel Schuler vervollständigen das Ensemble beeindrucken durch ihre hervorragenden tänzerischen Leistungen.

 

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