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Kritik - Ku'damm 59

Ku'damm 59 - Das Musical

 

BERLIN

05.05.2024

Theater des Westens

 

Autorinnen: Jana Diener & Anna Bürkner

 

Ku'damm 59 - Das Musical

Die Geschichte rund um die Tanzschule Galant und die Familie Schöllack eroberte 2016 das ZDF und somit viele Zuschauerherzen. Nach großem Erfolg der Dreiteiler folgte Ku'damm 59 und Ku'damm 63. 

2017 bekam die Serien für die Kategorie "Serien & Mehrteiler" den Grimme-Preis und Mitte 2022 wurde schließlich die 4. Staffel angekündigt.

 

Kein Wunder also, dass nach so einem großen Erfolg 2021 das Musical zur ersten Staffel folgte. Nach zwei Jahren Spielzeit und einer zusätzlichen Tour durch Deutschland folgte nun am 05. Mai 2024 die Weltpremiere von Ku'damm 59 - Das Musical am Theater des Westens in Berlin. 

  

Wir durften uns dank Stage Entertainment die Weltpremiere anschauen. 

 

Das Musical 

Das Musical spielt in den späten 50er Jahren und erzählt die Geschichte dreier Töchter und deren Leben in Berlin. 

Monika, die immer etwas aus der Reihe tanzt und nicht das "klassische" Bild einer damaligen Frau widerspiegelt bekommt direkt zu Beginn ihre Tochter Dorli, die aus einer unehelichen Beziehung mit Freddy stammt. Als sie jedoch während der Geburt nicht ganz bei Sinnen ist, wird ihr die Erziehungsberechtigung abgenommen und ihrer Schwester Helga und deren Mann Wolfgang übertragen. 

Dieser ist Schwul und lernt im zweiten Teil der Geschichte das erste Mal die Bedeutung von wahrer Liebe kennen. Er möchte von nun an mit seiner Affäre zusammen leben und trotzdem Teil von Helgas Leben sein. Eva, die dritte Schwester im Bunde versucht selbstständiger zu werden, wird aber immer wieder von ihrem Mann Prof. Fassbender unterdrückt und befreit sich schließlich mutig aus dieser "Gefangenschaft". 

Auch beruflich läuft es bei Monika gut. Sie hat das erste Mal die Chance zusammen mit Freddy in einem Heimatfilm, der von Christa Moser (im Film Kurt Moser) produziert wird, mitzuspielen und alles scheint gut, bis sie eines Tages ihre große Liebe Joachim Franck durch Zufall wieder trifft und diese Begegnung ihr Leben verändert. 

 

In dem Musical ist die Geschichte ein klein wenig umgeschrieben worden. Hier gibt es die Rolle der Christa Moser, die in der Serie die Rolle des Kurt Moser ersetzt. 

 

Die Musik stammt von Peter Plate in Zusammenarbeit mit Ulf Leo Sommer. Wie schon bei "Ku´Damm 56" und "Romeo und Julia" sind die Songs eine Mischung aus Pop und Operette. Es gibt einige versteckte Andeutungen  für die, die den ersten Teil von Ku´Damm schon gesehen haben. Auch wurden einige Andeutungen über die NS-Zeit verbaut. Plate und Sommer schaffen aufs Neue tragische und schöne Momente in ihrer Musik zu vereinen. Auch sind viele Lieder dabei, die zum Mittanzen und Feiern einladen. Grade das Finale lässt einen mit einem wohligen Gefühl nach Hause gehen. 

Die Choreografien von Jonathan Hour reißen einen sofort mit und man möchte am liebsten von den Sitzen springen und mittanzen. Sie passen perfekt in das Stück und in die Musik von Plate und Sommer. Damit bewehrte sich erneut die Zusammenarbeit. 

Das Bühnenbild ist ähnlich wie beim ersten Teil schlicht gehalten. Es gibt wieder Drehbühnen und es wird auffallend häufig  mit Treppen gearbeitet. Ein Highlight ist das riesige violette Peace-Zeichen, welches zum Finale erscheint. Es passt perfekt zum versöhnlichen und friedvollen Ende des Stückes. 

 

"Wenn Sie KU'DAMM 56 mochten, werden Sie KU'DAMM 59 lieben", so die Produzentin Anette Hess im Vorhinein. Und ja, sie hat eindeutig recht. In Ku'damm 59 ist noch mehr Humor und wichtige Aussagen eingebaut, die die Zuschauer im Wechsel lachen, weinen und nachdenken lassen. Wichtige Themen wie Emanzipation, Unterdrückung durch Männer, Häusliche Gewalt oder die Akzeptanz von Homosexuellen wird auf eine musikalische Ebene behandelt. Es ist eindeutig ein Stück, das zum Nachdenken anregt und einen tollen Theaterabend beschert. 

 

Die Cast 

Monika Schöllack wird von der wundervollen Celina dos Santos verkörpert. Monika ist in diesem Stück bereits Mutter, darf jedoch ihre Tochter Dorli nicht bei sich haben, da sie unverheiratet ist. Sie leidet darunter, dass ihre Tochter bei ihrer Schwester Helga aufwächst und Dorli sie lediglich als Tante ansieht. Mit ihrem neuem Job im Fernsehen zusammen mit Freddy möchte sie genug Geld zusammensparen, um ihrer Tochter etwas bieten zu können. Joachim kann sie immer noch nicht vergessen und es entwickelt sich eine spannende Geschichte zwischen den Beiden. Mit ihrer authentischen und charismatischen Bühnenpräsenz überzeugt Celina dos Santos das Publikum und erzielt Mitgefühl und Solidarität. Stimmlich ist sie nicht weniger grandios. Mit einer unübertrefflichen Power leitet sie durch die Show und lässt jedes ihrer Lieder zu ganz besonderen Momenten der Show werden.

 

Helga von Boost,  wird repräsentiert durch Pamina Lenn, welche schon im ersten Teil Mitglied der Cast war. In dieser Inszenierung darf sie nun als Erstbesetzung brillieren. Helga als Rolle erntet in diesem Teil eher wenig Sympathie vom Publikum, da sie den geliebten ihre Mannes an die Grenzpolizisten verrät, welcher daraufhin aufgrund seiner Homosexualität körperlich angegangen wird. Erst im späteren Verlauf, durch das Lied „1!2!3!“, gewinnt sie an Verständnis für ihr Handeln. Lenn setzt diesen Handlungsbogen gekonnt und mit einer Menge Charm um. Durch ihre klassische Ausbildung scheint sie wie geboren für diese Rolle und ihre operettenhaften Liedern.

 

Eva Fassbender, erneut durch Isabell Waltsgott verkörpert, ist die dritte der Schöllack Schwestern. Eva wird in der Fortsetzung zum Sinnbild des Feminismus und vermittelt somit die Botschaft des Stückes. Sie lässt sich im Verlauf des Stückes von ihrem dominaten Ehemann nichts mehr vorschreiben und fordert sowohl den Führerschein als auch keine weiteren Berührungen seinerseits. Waltsgott überzeugte schon in Ku´Damm 56 mit ihrer Darstellung der Eva. Die neuen Songs und Texte der Eva werden durch Waltsgott wahrlich zu einem Fest fürs Auge, Ohr und feministischen Gedankenguts. Stimmgewaltig und mit einer brillanten schauspielerischen Leistung begeistert sie das Publikum und ist nicht mehr aus dem Theater des Westens wegzudenken.

 

Caterina Schöllack wurde erneut mit Katja Uhlig besetzt. In dem Stück kommt Caterina deutlich besser weg. Man lernt die fürsorgliche Mutter kennen und kann dabei zusehen, wie sie sich in die Nazi-Regisseurin Christa Moser verliebt. Sie mit Katia Uhrlig zu besetzen war mal wieder eine wahrlich großartige Entscheidung. Uhlig zeigt die volle Bandweite ihres schauspielerischen und gesanglichen Könnens. Besonders hervorzuheben ist ihre einzigartige Mezzo-Sopran Stimme. Wie auch schon im ersten Teil von Ku´damm sorgen die Songs von Caterina Schöllack, gesungen von Uhlig, für eine gelungene Abwechslung. Die operettenähnlichen Stücke wurden durch Uhlig zum Merkmal der Ku´Damm Musicals.

 

Die Rolle des Joachim Frank übernimmt David Nadvornik. Joachim ist verheiratet und erbt die Waffen-Firma seines Vaters. Er kann Monika immer noch nicht vergessen und hängt sehr an dem, was zwischen ihnen war. Er nimmt sich fest vor keine Waffen mehr herstellen zu wollen, stößt aber nicht auf viel Zuspruch der Belegschaft. Zum Finale hin heiratet er endlich Monika. Nadvornik überzeugt vor allem durch sein Schauspiel. Man hat ihm Joachims Kummer über Monika und über die gescheiterte neue Konzeption der Firma seines Vaters sofort abgenommen und war zutiefst berührt von seinen Liedern.

 

Freddy Donath , gespielt von Mathias Reiser, hier deutlich emotionaler und nahbarer dargestellt als im Vorgänger-Stück. Er erzählt über seine Kindheit im KZ und wie die NS-Regime seine Familie umgebracht hat. Reiser lässt die Zuschauenden in sein tiefstes Inneres blicken und erreicht jedes einzelne Herz. Ganz besonders mit dem Lied „Requiem“ zeigt Reiser Freddys schmerzlichen Verlust seiner Familie. Der Bariton Sänger verleiht dem Song die nötige Verletzlichkeit und gewinnt sehr viel Sympathie.

 

Wolfgang von Boost wurde durch Philipp Nowicki besetzt. Wolfgang, der Ehemann von Helga, gibt in diesem Stück seine homosexuelle Neigung und seine Liebe zu Hans Liebknecht Preis. Er möchte, dass Hans zu ihm und Helga zieht um zu dritt als Familie zu leben. Als er erfährt, dass Helga den Umzug von Hans verhindert und ihn der Polizei gemeldet hat, ist sein Kummer groß und er distanziert sich weiter von ihr. Nowicki spielt diese Rolle mit so viel Hingabe, dass jede/r Zuschauer/in ihm sofort jedes Wort glaubt. Brilliert hat er ebenfalls mit seiner grandiosen Stimme, bei der eine Gänsehaut garantiert ist.

 

Christa Moser ist eine Adaption der Serienrolle „Kurt Moser“ und wurde mit Steffi Irmen besetzt. Sie ist die Nazi-Regisseurin der Firma, für die Monika und Freddy arbeiten. Steffi Irmen, bekannt aus dem Musical „Romeo und Julia“ (auch aus der Feder von Peter Plate und Ulf Leo Sommer), gewann durch die Darstellung der Amme sowohl die Herzen der Zuschauer als auch die des gesamten Produktionsteams. Irmen übertrifft jede Erwartungen und erfüllt die Rolle der Nazi-Regisseurin mit so viel Witz und erreicht wider Erwarten doch sehr viel Sympathie, besonders in der Schauspielkombination mit Katja Uhlig.

 

Ensemble: Die komplette Cast überzeugt mit großartigem Gesang. Jedes Mal, wenn die Stimmgewalten aufeinandertreffen, gibt es keinen Zuschauenden, der keine Gänsehaut bekommt. Das Ensemble setzt diese in Perfektion aus und erreichen damit den ganzen Saal.

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