Interview mit Patrick Stanke

 

Im Rahmen der Vorbereitungen auf die" This is the greatest Sow Tour" durften

wir mit insgesamt vier Darstellern/Darstellerinnen über die Tour und die Show 2024 sprechen.

 

Hier könnt ihr euch das passende Video zum Interview anschauen:

Hallo Patrick. Schön, dass Du Dir Zeit nimmst, uns ein paar Fragen zu beantworten zur 'This is the Greatest Show' Tour. Du bist ja jetzt zum ersten Mal bei der Tour dabei im Jahr 2024. Was ist das für ein Gefühl und was bedeutet das für Dich?

Ich freu mich riesig endlich dabei sein zu dürfen bei der größten Tour, die es gibt gerade in Deutschland und ein Teil davon zu sein, mit dieser wundervollen Cast. Ja da freu ich mich richtig drauf.

 

Wofür steht denn für dich 'This is the Greatest Show"?

This is the Greatest Show ist für mich die Gelegenheit für alle großen Musicalfans und -liebhaber, alles zu sehen, worauf sie immer gewartet haben. Aber auch für alle die nicht so viel mit Musical anzufangen wissen, ist das der perfekte Start, um einen Rundumblick zu bekommen für was Musical steht und was Musical in Deutschland und europaweit ist. Es ist wirklich die größte Show, die es gerade gibt, wo man sich alles anschauen kann, was Rang und Namen hat und auch die schönsten Melodien hören und sehen kann.

 

Die Show deckt ja ein breites Spektrum an Musicals und Musikfilmen ab. Auf welche Rolle und auf welches Musical freust Du Dich am meisten?

Seitdem es den Film "The greatest Showman" gibt, sind die Melodien des Filmes in meinen Ohren und ich höre sie rauf und runter. Deshalb erfreue mich so sehr, dass es diese Tour gibt mit diesen tollen Melodien. Ganz besonders für mich ist, dass ich den Hercules in dem Song "Go the distance" verkörpern darf. Darauf freue ich mich am meisten.

Hercules ist ja dann für alle quasi was Neues. Es ist ja auch schön, dass immer neue Stücke mit aufgenommen werden.

 

So eine Tour ist ja anstrengend, da ist man 6 Wochen mit vielen Menschen auf engem Raum ständig unterwegs. Wovor hast Du am meisten Respekt?

Vor fehlendem W-LAN. ;) Respekt hab ich natürlich vor der ganzen Geschichte, weil es geht nicht nur darum, dass wir persönlich jetzt 6 Wochen unterwegs sind - das ist ja eigentlich gang und gebe in unserem Job - aber Respekt habe ich davor, dass dieser ganze Ablauf stimmen muss, nicht nur am Tag der Show in der großen Stadt selber sondern eben auch der ganze Bogen, dass das funktionieren muss. Das finde ich eine logistische Herausforderung, die natürlich andere Leute im Hintergrund machen, aber die ist letztendlich auch Teil davon und davor habe ich großen Respekt. Und das Leben im Tourbus ist natürlich auch nicht normal für uns Musicaldarsteller. Für den Rockstar ist das normal. Für uns jetzt ab der Tour wahrscheinlich auch und ich habe schon Tipps bekommen. Ich sollte auf jeden Fall ein Verlängerungskabel, Kopfhörer und ein Kissen mitnehmen.

 

Das hört sich schonmal ganz gut an.

 

Wie bereitest Du Dich selber auf so ein großes Projekt vor? Hast Du da eine bestimmte Vorgehensweise, wenn Du so eine Show neu angehst?

Bei mir ist es immer das Gleiche. Ich habe so ein kleines Buch , ein kleines Heftchen und dort schreibe ich tatsächlich per Hand meine Texte rein, z.B von Dracula aus der letzten Produktion. Ich schreibe mir die Texte per Hand dort rein und hab das quasi immer bei mir und das ist so kurz vor dem Auftritt der Rettungsanker, wo ich nochmal kurz reinschauen kann. Aha, schau mal, Was kommt jetzt? Alles klar, los geht’s. So bereite ich mich auch vor, denn ich glaube, dass wenn man ... es ist ja alles nur Papier am Anfang entsteht die Idee, wir machen eine große Tour und machen tolle Musicalsongs und tolle Popsongs. Das ist aber letztendlich nur Papier und damit alles dann lebendig wird, muss es ja erstmal durch einen Organismus, einen Regisseur/in , den Choreographen oder durch die Musik auf die Bühne gebracht werden. Ich glaube, dass wenn alles nochmal handschriftlich aufschreibt, dann wird das so ein bisschen zu Meinem. Zu was Echtem, zu was von mir. Und dann lese ich auch nicht mehr dieses gedruckte Papier, sondern ich lese mein geschriebenes Papier und das ist ehrlicher. Das ist eine sehr gute Art, mich darauf vorzubereiten und dies mache ich jetzt seit Jahrzehnten und war so ein kleines Geheimnis. Da habe ich etwas aus dem Nähkästchen geplaudert. ;)

 

Das finde ich superinteressant. 

 

Ihr besucht in den knapp 2 Monaten viele verschiedene Städte. Wie muss ich mir das jetzt vorstellen. Hat man auf so einer Tour auch Gelegenheit, die ein oder andere Stadt anzuschauen oder ist euer Zeitplan so eng getacktet mit Soundcheck und Proben, dass Ihr da gar nicht zu kommt?

Das kann man so pauschal gar nicht sagen. Erstens kann ich das sowieso nicht sagen, weil ich ja zum ersten Mal dabei bin und keine Erfahrung habe, wie das auf dieser Tour läuft. Aber es wird so sein, dass wir wenn die Anreisen kürzer und wir früher vor Ort sind, oder vielleicht sogar einen Übernachtungstag haben, dann haben wir eben auch Zeit, uns diese schöne Stadt anzuschauen. Es gibt aber auch den Moment, da kommen wir an, dann gibt es den Soundcheck, dann gibt es nur kurz was zu essen und dann so schnell wie möglich zurück in den Bus. Am nächsten Morgen und vielleicht sogar über Nacht geht es dann weiter in die nächste Stadt. Alles zum Wohle des Kunden, zum Wohle des Musicalbesuchers, der uns dann am nächsten Tag in der anderen Stadt erwartet. Also das ist glaube ich keine Sightseeingtour. Wir haben eine ganz klare Aufgabe: Wir wollen das Musical und die Musicalmelodien aus 'This is the Greatest Show" einfach in die Welt tragen. Dafür haben wir unsere Taschen gepackt und unsere Noten dabei und das ist vorrangig unser Zi

 

Du hast in Deiner Karriere schon sehr sehr viele Shows gemacht und ganz viele Rollen in verschiedenen Musicals gespielt. Was war denn das Verrückteste, das du jemals auf einer Bühne gemacht hast?

Also man macht ja nur Sachen, die man so im normalen Leben nicht machen würde, wie z.B. Menschen umbringen oder seine große Liebe in einem Lied gestehen, das macht man alles normalerweise nicht. Aber jeder Regisseur macht natürlich auch sein eigenes tolles Ding und in jeder Produktion gibt es etwas Spannendes, worauf man sich dann freut. Zum Beispiel, wenn ich an Tarzan zurückdenke, dass ich da über die Köpfe der Zuschauer fliegen durfte an einem Seil und das kopfüber. Das ist natürlich ein Highlight gewesen. Und dann gab es auch eine tolle Produktion, die ich in Dessau gemacht habe. Zum Beispiel in Casanova gibt es den Moment, wo der Casanova altert. Anfangs ist er jung und in der nächsten Szene ist er eben schon älter und genau dieses Altern haben wir auf der Bühne gemacht. Das fand ich total spannend. Ich stand vorne und habe eine große Arie gesungen und dann kamen meine Bediensteten und haben mich quasi entkleidet und neu angezogen aber eben auch die Perücke abgenommen und mir eine andere Perücke aufgesetzt, mir einen Stock in die Hand gegeben und innerhalb des Liedes wurde ich zum alten Mann. Das war eine schöne Entwicklung innerhalb des Songs. Es sind so verrückte Sachen, die man echt sehr sehr gerne macht.

 

Was war der peinlichste Faux pas, der dir passiert ist?

Da gibt es eine Geschichte, die ich immer wieder gerne erzähle. Die ist auch sehr früh in meiner Karriere passiert. In Jesus Christ Superstar wurde ich als Jesus ans Kreuz genagelt und wurde mit dieser Dornenkrone gekrönt. Und wenn Ihr Euch jetzt Zuhause alle mal an euren Hinterkopf fasst, also ich hab da eine Beule, so einen Knubbel, wie nennt man das, das hat glaube ich einen Namen. ...

Und wenn ich mir jetzt eine Mütze aufsetze, dann ziehe ich die immer über diesen Knubbel, damit das da so festsitzt. Und das war auch in Jesus Christ Superstar die Ansage. Die Kollegen der Statisterie sollten mir diese Dornenkrone aufsetzen und die hinten so festmachen. Das Kreuz lag auf dem Boden und ich wurde auf den Boden gelegt. Die Krone wurde aufgesetzt und dann ist sie nicht mehr runtergefluppt und hing dort so halb. Ich lag dann auf dem Kreuz und merkte schon aha, die hängt nicht richtig. Ist ja egal. Ich wurde festgenagelt und hochgezogen. Ich muss vorher sagen, ich habe 2,5 Stunden die höchsten Töne der Welt gesungen und den höchsten Schmerz, den man nur erleiden kann, erlitten. Dann wurde ich hochgezogen und in Kassel hing ich damals 2 oder 3 Meter über dem Boden am Kreuz. Und dann kommt dieser große Moment, wo Jesus quasi am Kreuz hängt, alles ist still, alle kommen vorbei, Maria Magdalena, alle gucken nochmal, und dann stirbt und das Stück ist vorbei. Genau in diesem Moment ,wo ich da oben stehe und denke "Meine Güte jetzt ist es aber wirklich schlimm", merke ich, wie die Dornenkrone mir vom Kopf rutscht. Und was mach ich aus Reflex? Fange sie auf, setze sie wieder gerade. In dem Moment ist das wahrscheinlich nicht so schlimm, aber wenn man darüber nachdenkt: Jesus ist ja quasi angenagelt und diese Dornenkrone, die er nicht haben will fällt von seinem Kopf und was macht er? Er hält sie auf und schiebt sie wieder hin. Das ganze Publikum: Schallendes Gelächter, ich glaube, die haben darauf gewartet, dass ich singe: 'Always look at the bright Side of life '. Das ist nicht passiert, aber was natürlich doof war: Alles, was davor passiert war, das ganze Drama, die ganzen hohen Töne, alles umsonst. Was lernt man daraus: Wenn die Krone rutscht, lass sie fallen!

Das haben die Zuschauer bestimmt nie wieder vergessen.

 

Wahrscheinlich nicht. ;)

 

Wie Du selber schon sagtest im Zusammenhang mit Tarzan: Jede Rolle stellt ja besondere Herausforderungen an einen Künstler, sei es physischer Art, schauspielerischer Art oder gesanglich. Was war bisher die größte Herausforderung für Dich?

Das steht und fällt ja auch mit mir persönlich. Also ich würde jetzt grob und schnell sagen Tarzan. Weil es einfach die größte körperliche Herausforderung war zu der Zeit. Aber jetzt gerade spiele ich Sweeny Todd in Lübeck und bin dort auch völlig gefordert. Ich hänge an keinem Seil aber ich bin einfach dieser Barbier, der durch London streift und alle Menschen ermordet und bin am Ende so gerädert als hätte ich in Tarzan gespielt. Also ich will sagen, dass im Laufe meiner Karriere, im Laufe meines Lebens, im Laufe meines Alterns werden eben Dinge schwieriger, die vor Jahren einfach waren. Also ich könnte jetzt wahrscheinlich keinen d'Artagnan mehr spielen. Nicht in der Spritzigkeit und nicht in dem Elan, den ich damals hatte. Ich würde jetzt wahrscheinlich gar nicht mehr kämpfen und dabei singen können. Und ich erinnere mich auch , dass gerade die Show "Die drei Musketiere" als d'Artagnan körperlich sehr herausfordernd und gesanglich sehr schwierig war. Das kann man wahrscheinlich so sagen. Jedes Stück bringt seine eigenen Hürden mit, die es zu überwinden gilt. Mal klappt es gut, mal klappt es nicht so gut, mal klappt es besser.

 

Welche Rolle der vielen, die Du bisher spielen durftest zählt zu Deinen Lieblingsrollen?

Auch eine schwierige Frage und nicht so einfach zu beantworten. Ich würde sagen Jean Valjean aus "Les Misearbles" in Tecklenburg. Fantastisches Stück und unfassbar tolle Rolle mit einer tollen Entwicklung, tollen Liedern, Superkollegen und einer tollen Inszenierung. Die Bühne in Tecklenburg ist ein Traum. Aber wenn man dann nochmal genauer reinschaut, dann habe ich das große Glück, einfach mein ganzes Leben geile Rollen spielen zu dürfen.

Wenn ich jetzt überlege, ich war glaube ich der jüngste Jekyll in "Jekyll und Hyde". Diese war eine unfassbar krasse Rolle, die ich so geliebt habe und immer noch liebe, genau so wie Mozart. Ich durfte wirklich so viele Sachen schon spielen und da tue ich denen jetzt allen weh, wenn ich sage, Jean Valjean war das Beste. Das ist alles einmal durch mein Gehirn gegangen, das ist alles total persönlich und total echt und wenn ich jetzt sage, Jean Valjean war die beste Rolle, die ich je gespielt habe, dann wird der d'Artagnan und der Jeckyll sauer. Das gehört alles so zu mir, das kann ich gar nicht anders sagen.

 

Du hast sehr oft Engagements in Füssen. Was macht den Ort und das Festspielhaus für Dich besonders?

Füssen ist natürlich nochmal ein ganz anderes Genre für mich. Erstens:  Die Landschaft. Der Ort ist wie Urlaub. Die Berge, die Seen, die Luft, das ist wirklich wunderbar. Ich liebe Bayern sowieso und der Allgäu ist ein Traum. Was mich interessiert in Füssen ist, dass dieses große Haus mit diesen tollen Produktionen dort eben nochmal ein kleines Juwel ist. Man kann so viele neue Sachen entdecken und ausprobieren und kann diese an einem Ort neu aufbauen. Im Moment spielen dort glaube ich 5 oder 6 Produktionen gleichzeitig oder haben die letzten Jahre gespielt und das ist ein Segen aber auch ein Fluch, weil es einfach so weit weg ist. Ich fahre zur Vorstellung 7 Stunden hin, spiele eine Vorstellung und fahre 7 Stunden wieder nach Hause. Das ist dann eben nicht so toll. Vielleicht müsste man mal dahin ziehen. ;)

 

Du machst ja auch viele Shows, z.B. mit Mark Seibert zusammen oder auch andere. Was ist für Dich das Besondere an Showformaten? Magst Du lieber längerlaufende Produktionen oder gefällt Dir die Abwechslung und die Möglichkeit, spontaner zu sein und mehr von Dir selbst reingeben zu können?

Die Abwechslung, das ist das Gute. Dass man alles machen kann, das ist das Tolle. Ich freue mich natürlich, wenn ich gefragt werde, in großen Produktionen zu spielen und dort am Stadttheater wie z.B. jetzt bei Sweeny Todd in Lübeck oder Ludwig in Füssen. Das ist natürlich auch etwas ganz Persönliches und ich freue mich trotzdem, dann die Abwechslung zu haben, mal ein Konzert mit Mark zu machen oder eins mit Jan oder hier eben die große Tour. Das sind dann nochmal andere Inputs oder mehr andere Outputs, die ich da geben kann, die mehr auf der Musikerseite laufen. Da bin ich ja weniger Schauspieler als dass ich Musiker bin. Das ist die tolle Abwechslung und das möchte ich gar nicht missen. Das ist das, was es ausmacht. Und auch, dass ich mal 6 Wochen nicht zuhause bin, probe und dann nochmal 6 Wochen irgendwo spiele und anschließend erst nach 12 Wochen wieder nach Hause komme, ist furchtbar für die ganze familiäre Seite. Anders herum ist es jetzt Donnerstag 12.30, ich hab heute frei. Ich könnte jetzt z.B. die Kinder von der Schule abholen oder an irgendwelchen Sitzungen teilnehmen für die Schule. Das können eben andere Väter nicht, weil diese jeden Tag von 7-17.00 arbeiten. Und das ist das Tolle an meinem Beruf, diese Abwechslung, wo man eben auch mal ein Stück spielt, ein Konzert gibt oder auch unterrichtet. Ich unterrichte auch viel und gebe Workshops. Die ganze Abwechslung, mein gesamter Beruf, das gesamte Spektrum, das eben mein Beruf mitbringt, ist grandios.